
Der Klimawandel ist eine große globale Herausforderung. Deutschland trägt als eine der führenden Industrienationen besondere Verantwortung. Deutschland bekennt sich zum Klimaschutzziel 2030, mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990 zu erreichen, und setzt sich für das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 in Europa ein. Klimaschutz ist eine gemeinsame Kraftanstrengung, gleichzeitig stärkt es Deutschland als innovativen Wirtschaftsstandort.
Was wir bereits auf den Weg gebracht haben
Der planbare Ausstieg aus der Kohleverstromung ist für wirksamen Klimaschutz von maßgeblicher Bedeutung. Da dies nur in einem breiten gesellschaftlichen Konsens möglich ist, haben wir 2018 die Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung eingesetzt. Sie hat Anfang 2019 einmütig Empfehlungen für einen sozialverträglichen Kohleausstieg vorgelegt. Die Bundesregierung setzt den gesellschaftlichen Konsens, der in den Empfehlungen enthalten ist, in enger Abstimmung mit den betroffenen Ländern um.
In einem ersten Schritt zur aktiven Gestaltung des Strukturwandels haben der Bund und die betroffenen Länder ein Sofortprogramm für die Braunkohleregionen mit einem Bundesanteil von 240 Millionen Euro vereinbart. Mit dem Sofortprogramm werden noch in diesem Jahr konkrete Projekte gefördert.
Die weiteren Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung sollen durch das von der Bundesregierung im August beschlossene Strukturstärkungsgesetz und die geplanten gesetzlichen Regelungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung noch in diesem Jahr umgesetzt werden.
Mit dem Strukturstärkungsgesetz gestaltet die Bundesregierung zusammen mit den betroffenen Ländern den Strukturwandel in den vom Ende des Tagesbaus besonders betroffenen Regionen und bietet zukunftsfeste Perspektiven für die Heimat der Menschen. Finanzhilfen von bis zu 14 Milliarden Euro bis 2038 und Unterstützungsleistungen im Zuständigkeitsbereich des Bundes in Höhe von bis zu 26 Milliarden Euro ermöglichen insbesondere den Infrastrukturausbau und die Forschungsansiedelung als aktive Strukturpolitik.
Zur verbindlichen Erreichung der Klimaziele 2030 hat die Bundesregierung am 9. Oktober 2019 das Klimaschutzprogramm 2030 und das Klimaschutzgesetz beschlossen. Weitere gesetzliche Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms sollen bis Ende des Jahres verabschiedet werden.
Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht Investitionen in den Klimaschutz und ordnungsrechtliche Regelungen für das Auslaufen besonders klimaschädlicher Technologien, eine CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Verkehr, Maßnahmen zur Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen beim Klimaschutz sowie einen Überprüfungsmechanismus für die Erreichung der jeweiligen Klimaschutzziele vor.
Mit dem Klimaschutzgesetz schaffen wir einen transparenten und verbindlichen Rahmen, damit die Klimaziele 2030 erreicht werden und wir unsere europäischen und internationalen Verpflichtungen einhalten. Der Fortschritt bei der Erreichung der Klimaschutzziele für jedes Jahr und jeden Sektor wird durch die Bundesregierung jedes Jahr genau ermittelt und durch einen Expertenrat begleitet. Das Klimakabinett überprüft Jahr für Jahr, wie wirksam und zielgenau die Maßnahmen sind. Bei Nichterfüllung der Ziele in einem Sektor legt das zuständige Ministerium dem Klimakabinett innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm zur Nachsteuerung vor. Die Bundesregierung berät über die zu ergreifenden Maßnahmen und beschließt diese schnellstmöglich. Zudem wird die Treibhausgasneutralität bis 2050 als langfristiges Ziel verfolgt.
Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, wird ab 2021 über einen nationalen Emissionshandel (nEHS) eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Gebäude eingeführt. Hierzu hat die Bundesregierung im Oktober 2019 ein Brennstoff-Emissionshandelsgesetz beschlossen. Orientiert an den Regelungen des europäischen Emissionshandels für die Energiewirtschaft und die energieintensive Industrie wird klimaschädliches Verhalten beim Heizen und Autofahren in Zukunft einen Preis bekommen. Nach dem Beschluss der Bundesregierung soll der Festpreis von 10 Euro pro Tonne CO2 bis 2025 auf 35 Euro ansteigen. Ab 2026 bildet sich der Preis dann am Markt innerhalb eines festgelegten Preiskorridors mit Mindest- und Höchstpreis von 35 bis 60 Euro. Im Jahr 2025 wird festgelegt, inwieweit Höchst- und Mindestpreise für die Zeit ab 2027 sinnvoll und erforderlich sind. Perspektivisch setzt sich die Bundesregierung für einen europaweiten übergreifenden Zertifikatehandel für alle Sektoren ein.
Die Bundesregierung hat am 16. Oktober 2019 wichtige steuerliche Regelungen des Klimaschutzprogramms beschlossen: die Klimaschutzziele sollen sozial ausgewogen erreicht und die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen finanziell nicht überfordert werden.
Dazu gehört, dass Berufspendler, die lange Strecken zur Arbeit zurücklegen, von 2021 bis Ende 2026 eine höhere Pendlerpauschale von 35 Cent ab dem 21. Kilometer erhalten – unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel. Diejenigen, deren zu versteuerndes Einkommen unterhalb des Grundfreibetrages liegt, erhalten eine Mobilitätsprämie als Gutschrift. E-Dienstwagen werden steuerlich stärker gefördert.
Verbesserungen wird es auch bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel geben: Wer weitere Strecken mit dem Zug fährt, tut dies zukünftig günstiger durch eine von 19 auf 7 Prozent reduzierte Mehrwertsteuer. Im Gegenzug werden wir ab 2020 die Luftverkehrsabgabe bei Flügen erhöhen. Außerdem sollen Dumpingpreise verhindert werden.
Damit Emissionen beim Wohnen reduziert werden, können bei energetischen Gebäudesanierungen zukünftig 20 Prozent der Aufwendungen von maximal 200.000 Euro von der Steuerschuld abgezogen werden. Das heißt bis zu 40.000 Euro.
Schließlich können Kommunen künftig über die Grundsteuer stärker als bislang an den Erträgen aus dem Betrieb von Windrädern beteiligt werden.
Bereits am 2. Oktober 2019 hat die Bundesregierung beschlossen, dass die im Klimaprogramm 2030 vorgesehenen Maßnahmen größtenteils in den Wirtschaftsplan des Energie- und Klimafonds aufgenommen werden sollen. Er bleibt das zentrale Finanzierungsinstrument für die Energiewende und den Klimaschutz. Zusammen mit Mitteln außerhalb des Fonds stellt die Bundesregierung bis 2023 über 54 Milliarden Euro zur Verfügung – bis 2030 über 150 Milliarden Euro. Das stößt weitere Investitionen in klimafreundliche Maßnahmen an und stützt die Konjunktur.
Mit dem 26 Maßnahmen umfassenden Masterplan Stadtnatur unterstützen wir die Kommunen dabei, die biologische Vielfalt auch im direkten Wohnumfeld zu erhalten und zu stärken. Stadtbewohner sollen mehr Grün zur Naherholung vor ihrer Haustür finden und Deutschlands Tier-, Insekten- und Pflanzenarten auch in Städten gedeihen können.
Nach einem aktuellen UN-Bericht sind in den nächsten Jahrzehnten bis zu eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Um insbesondere das massive Insektensterben zu stoppen, hat die Bundesregierung im August 2019 das "Aktionsprogramm Insektenschutz" beschlossen. Insbesondere soll so auch der Insektenschutz in der Agrarlandschaft gestärkt werden. Zum Schutz der Biodiversität wird der Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln ab 2020 deutlich eingeschränkt und gesetzlich Ende 2023 – dem europarechtlich frühestmöglichen Zeitpunkt – beendet.
Mit einem neu geschaffenen Wildnisfonds unterstützen wir die Länder dabei, Wildnisgebiete zu sichern und zu schaffen. Auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche Deutschlands soll sich die Natur nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und möglichst großflächig entwickeln.
Mit dem Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ lassen wir Deutschlands Wasserstraßen wieder naturnäher werden. Mit einem neuen Förderprogramm Auen stärken wir die naturnahe Entwicklung von Auen entlang der Bundeswasserstraßen.
Für einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und Umwelt ist auch ein Umsteuern beim Umgang mit Plastikmüll dringend erforderlich. Das seit Januar 2019 geltende neue Verpackungsgesetz hebt die Recyclingquoten von 36 auf 63 Prozent an und erhöht die Produktverantwortung der Hersteller. So werden sie verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen von Verpackungen bei einer neuen Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Außerdem haben wir leichte Plastiktüten gesetzlich verboten.
Deutschland steigt bis Ende 2022 aus der Kernenergie aus. Wir treiben das Standortauswahlverfahren für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle nach dem Prinzip der weißen Landkarte konsequent weiter voran und stellen dabei eine hohe Beteiligung der Öffentlichkeit sicher.
Was wir noch vorhaben
Wir werden zügig die weiteren im Klimaschutzprogramm 2030 aufgeführten Maßnahmen und Gesetze auf den Weg bringen.
Mit dem Kohleausstiegsgesetz bekommen alle Akteure Planungssicherheit, wie die schrittweise Reduktion und Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 umgesetzt werden soll. Mit einem Anpassungsgeld werden wir Übergänge im
Bedarfsfall erleichtern. Die Bundesregierung wird diese Maßnahmen im November 2019 beschließen, so dass erste Kraftwerkskapazitäten bereits 2020 vom Netzen gehen.
Alle zusätzlichen Einnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 werden in Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert oder an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben. Der Bundesregierung geht es nicht um zusätzliche Einnahmen für den Staat. Die EEG-Umlage wird zeitgleich mit dem Einstieg in die neue CO2-Bepreisung gesenkt. Steigen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, werden die Stromkosten weiter gesenkt. Das Wohngeld wird um zehn Prozent erhöht werden.
Um den Umstieg von alten Öl- und Gasheizungen auf neue klimafreundlichere Heizanlagen oder erneuerbare Wärme zu beschleunigen, werden attraktive Anreize geschaffen wie eine „Austausch-Prämie“ von 40 Prozent der Kosten eines neuen, effizienteren Heizsystems. Durch Gesetz wird geregelt, dass der Einbau von Ölheizungen ab 2026 grundsätzlich nicht mehr gestattet ist.
Ein ganzes Bündel von Förderprogrammen und Steueranreizen richtet sich auf den Beitrag des Verkehrssektors zum Klimaschutz. Damit mehr Pkw mit Elektro, Hybrid- und Brennstoffzellenantrieb auf deutsche Straßen kommen, wird der Umstieg mit der Fortsetzung der Umweltprämie gefördert und die Kaufprämie für Autos unter 40.000 Euro angehoben. Die bis 2030 geltende steuerliche Befreiung von Elektrofahrzeugen, die bis zum Jahr 2020 erstzugelassen oder umgerüstet werden, wird auf Elektrofahrzeuge mit Erstzulassung und Umrüstung bis 2025 erweitert. Darüber hinaus wird die Bundesregierung die KfZ-Steuer reformieren und ab 2021 die Höhe stärker an CO2-Emissionen pro Kilometer ausrichten.
Damit Schiffe in unseren Häfen auf Strom und emissions- und luftschadstoffärmere Kraftstoffe umsteigen können, werden Umlagen für Landstrom gesenkt und entsprechende Kraftstoffe vorübergehend gefördert. Später soll Ordnungsrecht greifen. Bei Seehäfen wird eine Initiative zur EU-weiten Einführung einer Landstrompflicht gestartet.
Um Bürgerinnen und Bürgern die Entscheidung für nachhaltige Elektromobilität zu erleichtern, fördert der Bund den Aufbau von öffentlichen Ladesäulen und legt einen Masterplan Ladesäuleninfrastruktur vor. Ziel sind eine Million öffentliche Ladepunkte bis 2030. Dies soll unter anderem durch verbindliche Regelungen für die Einrichtung von Ladepunkten an Tankstellen und die Förderung von Ladeinfrastruktur auf Kundenparkplätzen erfolgen. Die gemeinsam genutzte private und gewerbliche Ladeinfrastruktur wird gefördert.
Nicht nur der nachhaltige motorisierte Individualverkehr wird zukünftig attraktiver, sondern auch der Öffentliche Nahverkehr. Für den Ausbau des Nahverkehrsnetzes werden die Bundesmittel ab 2021 auf eine Milliarde Euro, ab 2025 auf zwei Milliarden Euro jährlich aufgestockt, z.B. für die Förderung von Busflotten mit elektrischen, wasserstoffbasierten und Biogas-Antrieben. Die Bundesregierung wird zusätzlich 10 Modellprojekte zur Stärkung der ÖPNV unterstützen, zum Beispiel die Einführung von 365 Euro Jahrestickets.
Um die Akzeptanz für Windkraft in den Kommunen zu erhöhen, werden neue Abstandsregelungen vorgesehen. Länder und Kommunen werden die Möglichkeit erhalten, geringere Abstände festzulegen. Sie können dafür finanziell stärker an den Erträgen der Windkraftanlagen beteiligt werden. Außerdem bringt der Ausbau von Windkraftanlagen ihnen höhere finanzielle Vorteile.
Mit einem Maßnahmenmix werden die Emissionen in der Landwirtschaft schrittweise gesenkt: Durch weniger Stickstoffüberschüsse, mehr Ökolandbau und weniger Emissionen in der Tierhaltung soll die Landwirtschaft klimafreundlicher werden. Weitere Bausteine sind der Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und Holzverwendung sowie weniger Lebensmittelabfälle.
Die Bundesregierung wird die Forschung und Entwicklung zur Speicherung und Nutzung von CO2 fördern. Sie kann eine Lösung sein für Emissionen aus Industrieprozessen, die nicht anders vermieden werden können. Die Bundesregierung wird darüber einen Dialog mit allen Interessensgruppen starten.
Extremwetterereignisse wie Dürre und Stürme erzeugen große Schäden in heimischen Wäldern. Der Bund wird die Länder dabei unterstützen, die akuten Schäden zu bewältigen, geschädigte Wälder schnellstmöglich wieder zu bewalden sowie die Wälder in Deutschland in ihrer Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel insgesamt zu stärken. Zur besseren Bekämpfung von Waldbränden wird eine vollständige Bestandsaufnahme und Bewertung der Waldbrandgefahren in Deutschland sowie möglicher nationaler oder auch EU-weiter Lösungsansätze erfolgen. Wir entwickeln die Waldstrategie weiter.
Das Bundesprogramm „Nationales Naturerbe“ als herausragende Initiative zur Bewahrung der biologischen Vielfalt wird mit einer vierten Tranche über 30.000 Hektar in dieser Legislaturperiode fortgesetzt. Der Bund verzichtet auf den Verkauf wertvoller Naturflächen im Bundeseigentum und sichert sie damit dauerhaft für den Naturschutz.
Im Rahmen des 5-Punkte-Plans für weniger Plastik und mehr Recycling sollen künftig Hersteller von Einweg- oder Wegwerfartikeln an Reinigungs- und Entsorgungskosten im öffentlichen Raum beteiligt werden. Dafür werden wir im Kreislaufwirtschaftsgesetz die Rechtsgrundlage für eine Kostenbeteiligung der Hersteller einführen. Wir wollen die systematische Vernichtung von (zurückgegebener) Neuware aus dem Online- und stationären Handel unterbinden und mit dem Handel weitere Vereinbarungen zur Reduzierung unnötiger Verpackungen treffen.
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